Trichotillomanie
Meistens unter der Abkürzung Trich bekannt. Dabei leiden Betroffene darunter, dass sie sich Haare auszupfen. Eine schlechte Angewohnheit, werden einige jetzt vielleicht sagen. Aber Trichotillomanie ist eine Impulskontrollstörung, ähnlich wie Fingernägelkauen oder auch Kleptomanie.Wie fühlt sich das an?
Wie ihr euch vielleicht schon denken könnt, leide ich ebenfalls unter Trich - seit etwa 2015. Manchmal ist das Zupfen (oder auch Reißen genannt) eine unbewusste Handlung. Manchmal weiß man, dass man etwas Falsches tut, kann es jedoch nicht verhindern. Man fühlt sich ausgeliefert und bekommt ein schlechtes Gewissen. Außerdem schämt man sich, wenn andere einen auf das Zupfen, das Fehlen der Haare oder die kaputte Haut hinweisen.Ich ziehe erstaunlicherweise nicht an den Kopfhaaren. Warum weiß ich nicht. Ansonsten lasse ich allerdings kaum einen Bereich des Körpers aus, bevorzugt zupfe ich an den Beinen. Wenn ich nicht dieses eine Haar rausziehe, das mich gerade stört, weil es sich z.B. "besonders anfühlt", baut sich ein innerlicher Druck auf und ich werde fast verrückt dabei. Leider greife ich mitunter zu jedem erdenklichen Mittel, um das arme kleine Haar zu entfernen. Nicht selten steche ich mir mit einer Stecknadel die Haut auf, bis die Wunde verhältnismäßig stark blutet und ich ein eingewachsenes Haar erwische. Daran merkt man, dass Trichotillomanie oftmals mit Dermatillomanie (auch bekannt als Skin Picking Disorder) einhergeht - eine Störung, bei dem der Betroffene extrem an der Haut kratzt, drückt, quetscht usw., sodass sie stark gereizt wird und oft Rötungen und Narben die Folge sind.
Was kann man dagegen tun?
Stark sein. Dann kann man eine Selbsttherapie machen, die wohl bei 50% der Anwender Erfolg zeigt (den Link dazu findet ihr unten). Ansonsten gibt es viele kleine Tricks von Betroffenen, um sich selbst vom Zupfen abzuhalten. Damit bekämpft man allerdings eher das Symptom statt die Krankheit.Ich selbst möchte bald eine Therapie bei einem entsprechend ausgebildeten Psychotherapeuten machen (momentan ist dies bei mir zeitlich noch nicht möglich, sonst säße ich schon längst auf dem Behandlungsstuhl).
Wie die Umgebung darauf reagiert
Außer wenigen Leuten weiß niemand, dass ich Trich habe. Eigentlich nur zwei Leute: Zum einen eine sehr guten Freundin, die ebenfalls unter leichter Trich leidet und durch die ich überhaupt erst erfahren habe, dass es sowas gibt. Sie ist sehr verständnisvoll und ich kann mich ein bisschen bei ihr ausheulenVor kurzem hat mich mein Vater gefragt, was ich für rote Punkte am Bein hätte. Ich log, dass die vom Rasieren stammen müssten. Meine Mutter wies mich schon vor längerer Zeit darauf hin, dass ich mir nicht die Beine epillieren sollte, da ich davon anscheinend rote Punkte bekäme. Ich traute mich in beiden Fällen nicht, ihnen die Wahrheit zu sagen. Bevor ich eine Therapie mache, werde ich es ihnen sagen müssen. Bis dahin zögere ich es hinaus und lege mir Worte zurecht.
Kleine Helferchen:
- Ein Fidget Cube oder ähnliches Fidget Toy zur Beschäftigung der Hände. Ich habe mir für 4€ eins bei FlyingTiger gekauft. Funktioniert bei mir ganz gut. In Stresssituationen drücke ich so stark darauf herum, dass meine Hände rot werden
(hoppla) . Anti-Stressbälle habe ich auch versucht, die waren mir aber zu monoton und ich habe sie vor Langeweile kaum benutzt. - Einigen hilft es vielleicht die Hände oder die betroffenen Stellen einzucremen. Ich bin da kein Fan von, weil ich nämlich trotzdem zupfe und der innere Druck nur viel größer wird, weil ich länger brauche.
- Es gibt eine Android-App (vielleicht auch für andere Betriebssysteme?), die sich "TrichStop" nennt. Das ist eine Art Tagebuch für Trich, bei der ihr genau eintragen könnt, wann, warum und wie lange ihr zupft. Jeder Betroffene sollte oder sollte mal so ein Tagebuch geführt haben. Bei einer Behandlung mit einem Psychotherapeuten können die Aufzeichnungen auch nützlich sein.
Linkliste:
- Selbsthilfetechnik Anleitung der Uni Hamburg
- Super Informationsseite für Betroffene
- Und natürlich der Wikipedia-Artikel darf nicht fehlen